Zur Navigation Zum Inhalt

Neue Stellplatzverordnung für leistbares Wohnen

Die Stellplatzverordnung schreibt vor, wie viele Parkplätze bei der Errichtung von Wohnbauten und Geschäften gebaut werden müssen. Namhafte Experten der TU-Wien empfehlen in Hinblick auf den Klima- und Mobilitätswandel sowie leistbares Wohnen eine Änderung. Der neue Stellplatzschlüssel soll Ende April im Gemeinderat beschlossen werden.

Foto: Josef Vorlaufer
Bürgermeister Matthias Stadler, DDI Kurt Weninger von der TU Wien und der Leiter der Stadtplanung DI Jens de Buck.

Der neue Stellplatzschlüssel

In der Sitzung des Gemeindesrates am 29. April 2019 soll der derzeit bestehende Stellplatzschlüssel in St. Pölten aktualisiert werden und auf Basis der Empfehlungen von Professor Dr. Arthur Kanonier und DDI Kurt Weninger sollen die Weichen für eine nachhaltige Zukunft gestellt werden. Ein Zonen-Modell aus vier Stufen soll daher Projektentwicklern im großvolumigen Wohnbau die Möglichkeit geben, auf bis zu 33% der bisher üblichen PKW-Stellplätze beim Wohnungsbau zu verzichten. Ein 4-Zonen-Modell wird abhängig von der Lage des Projektstandortes in einem verdichteten Stadtgebiet und seiner Anbindung an das Netz des öffentlichen Verkehrs, den Stellplatzschlüssel von in St. Pölten bisher üblichen 1,5 Stellplätzen je Wohneinheit auf 1,0 Stellplätze je Wohneinheit im Kernstadtbereich, sowie in den angrenzenden Bereichen von 1,2 und 1,35 Stellplätze je Wohneinheit, herabsetzen.

Gleichzeitig wird in umgekehrter Analogie die Anzahl der zu errichtenden Fahrradabstellplätze erhöht, wobei der neue Stellplatzschlüssel die Zahl der Fahrradabstellplätze im Kernstadtbereich verdoppelt. Kleine Projekte wie Einfamilienhäuser oder Doppelhaushälften sind von diesem Stellplatzschlüssel ausgenommen.

Das Zonenmodell wird dabei maßgeblich durch die Erschließung und Anbindung an den Öffentlichen Verkehr, der Zentralität und Siedlungsdichte sowie von wichtigen zukünftigen Stadtentwicklungsprojekten beeinflusst. Rechtswirksam wird der neue Stellplatzschlüssel über die neue Gemeinderatsverordnung, entsprechend der NÖ. Bauordnung, jeweils für PKW und Fahrräder, nach der Beschlußfassung am 29. April 2019 werden.

Moderate Regelung

Bezüglich der Zahl der zu errichtenden Parkplätze zeigt ein Blick in andere Länder, dass dort zum Teil sehr progressive Werte gewählt wurden. Im Extremfall wurden Werte von 0,1- 0,2 Stellplätzen je 100 m2 Brutto-Geschoßfläche in Altstadtkernen umgesetzt, denn hier ist die Errichtung von Stellplätzen nachvollziehbar außerordentlich schwierig. In Basel wurde z.B. überhaupt von der Vorschreibung einer Stellplatzmindestzahl abgesehen.

Vor dem Hintergrund der zu erreichenden Ziele war der ambitionierte Vorschlag der Studienautoren, die Basiswerte der NÖ. Bauordnung zu unterschreiten. Die wichtigste Empfehlung der Experten für Raumplanung ist aber die räumliche Differenzierung, die nun umgesetzt wird.

Die Vorteile der Änderung

„Die Stellplätze sind eine wichtige Stellschraube zur Steuerung des Verkehrs insgesamt. Eine Reduktion des Verkehrsaufkommens ist ein wichtiges Ziel zur Erreichung der Klima- und Energieziele, zu denen sich Österreich (auch Niederösterreich) verpflichtet hat. Die Bereitstellung von Stellplätzen kann – bei zu hohem Angebot – zu einem Mehr an Autoverkehr führen. Die Errichtung von Stellplätzen benötigt zudem wertvolle Flächen und stellt einen nicht zu unterschätzenden Kostenfaktor dar, der vor dem Hintergrund der Frage nach leistbarem Wohnraum unbedingt zu berücksichtigen ist. Im schlimmsten Fall kann das – vor allem in dicht besiedelten Gebieten vor allem im Zentrum – dazu führen, dass Nachverdichtung, Innenentwicklung aber auch die Umnutzung bestehender Gebäude erschwert oder gänzlich unmöglich wird. Eine räumlich differenzierte Vorgabe der Stellplatzanzahl kann den örtlichen Gegebenheiten besser Rechnung tragen und dementsprechend zur Nutzung der Vorteile aber auch zur Vermeidung der Nachteile beitragen,“ fasst der Experte für Raumplanung von der Technischen Universität Wien, DDI Kurt Weninger, die Vorteile zusammen.

Durch richtiges Maß kein erhöhter Parkdruck

Bedenken, dass durch eine Reduktion der Stellplatzvorgaben zu wenige Stellplätze errichtet werden, zerstreut Professor Dr. Arthur Kanonier: „Bei geeigneter Anpassung wie es hier in St. Pölten geschieht, werden ohnehin nur die nicht benötigten Stellplätze wegfallen. Bereits jetzt zeigt sich, dass die aufgrund von Stellplatzvorgaben errichteten Stellplätze, in dichter besiedelten Bereichen mit gutem ÖV-Angebot zum Teil gar nicht nachgefragt werden. Oft müssen diese aber mitgemietet oder – gekauft werden, was den Wohnraum entsprechend verteuert. Andere Beispiele zeigen, dass KFZ-Besitzer ihre Fahrzeuge im öffentlichen Raum abstellen, obwohl sie eigene Stellplätze besitzen.“

Neues Stellplatzregulativ ist Teil eines Gesamtkonzeptes

Mit dem neuen Stellplatzregulativ sollen langfristig die Ziele des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes 2016 und des Generalverkehrskonzeptes 2014 umgesetzt werden und es dient als wichtiger Baustein für einen Mobilitätswandel in St. Pölten. Die Maßnahme stellt zudem die Schaffung von leistbarem Wohnen in St. Pölten auch in der Zukunft sicher.

Derzeit sieht die Stellplatzverordnung in der Landeshauptstadt St. Pölten vor, dass nahezu im gesamten Stadtgebiet 1,5 Parkplätze pro Wohneinheit bei größeren Wohnbauprojekten errichtet werden müssen.

Leistbares Wohnen als Prämisse

„Wir müssen beim modernen Wohnbau darauf achten, dass die Errichtungskosten nicht zu teuer werden und der Wohnraum leistbar ist. Der Stellplatzschlüssel ist ein wesentlicher Preistreiber, denn der Zwang viele Parkplätze zu errichten ist sehr kosten- und flächenintensiv. Zudem hat der Stellplatzschlüssel unmittelbare Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten der Bürger. Die Zielsetzungen der Stadt sind die verstärkte Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel, wie das zu Fuß gehen, die Nutzung des Fahrrades sowie des Öffentlichen Verkehrs. Die Abteilung für Stadtplanung im Magistrat St. Pölten hat daher an der Technischen Universität Wien einen Studie in Auftrag gegeben, mit der die derzeit geltende Stellplatzverordnung – insbesondere für den Bereich Wohnen – überprüft wurde“, sagt Bürgermeister Mag. Matthias Stadler.

Die Ergebnisse der Studie liegen nun vor und sind nicht nur für niederösterreichische Städte von Interesse. Professor Dr. Arthur Kanonier und DDI Kurt Weninger, Experten für Raumplanung an der TU Wien, geben darin Empfehlungen für die Überarbeitung der Stellplatzverordnungen niederösterreichischer Kommunen.

Mit dem Klick auf den folgenden Button lade ich bewusst Inhalte von der externen Website: stp-konkret.at.