Die Ehrentafel wurde von Bürgermeister Matthias Stadler und dem einzigen noch lebenden Ehrenbürger Dr. Erwin Pröll am Montagabend feierlich enthüllt.
Die Tafel ist nicht nur ein Kunstwerk, sondern ein Symbol für all jene herausragenden Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise um die Stadt St. Pölten verdient gemacht haben. Sie ist ein ehrendes Gedenken an die Menschen, deren Engagement und Visionen das Gesicht dieser Stadt maßgeblich geprägt haben. „Die Tafel ist ein Abbild der Zeitgeschichte. Jede Persönlichkeit, die auf dieser Tafel verewigt wurde, hat in ihrer Zeit Geschichte geschrieben. Eine Geschichte, die in schwierigen Zeiten St. Pölten maßgeblich geprägt hat", so Dr. Erwin Pröll bei seiner Ansprache.
Liste der Ehrenbürger nach 1945
Die Liste der Ehrenbürger:innen ist eine Galerie von Menschen, deren Taten und Entscheidungen für die Stadt St. Pölten von großer Bedeutung waren und deren Wirken weit über ihre Amtszeiten und Lebenszeiten hinaus fortwirkt.
Folgende Ehrenbürger sind auf der Tafel verewigt:
- 1950: Dr. Karl Renner (1870-1950) war als erster Bundespräsident der Zweiten Republik ein prägender Akteur der Republik Österreich. Durch seinen Einfluss auf die Wiederherstellung des österreichischen Staates nach dem Zweiten Weltkrieg trug er maßgeblich zum Wiederaufbau und zur Stabilität unseres Landes bei.
- 1952: Friedrich Sommer (1870-1953) war als Branddirektor ein Pionier in der Feuerwehrorganisation. Er initiierte bereits 1932 den Bau einer neuen Feuerwehrzentrale in der Brunngasse, der 1952 verwirklicht wurde und somit für die Sicherheit der Stadt von großer Bedeutung war. Auch die Druckerei Sommer wird vielen St. Pöltner:innen noch ein Begriff sein.
- 1955: DDr. H.C. Ing. Julius Raab (1891-1964) war ein prägender Politiker der Zweiten Republik. Der in St. Pölten geborene Julius Raab trieb als Bundeskanzler von 1953 bis 1961 die wirtschaftliche und soziale Entwicklung voran.
- 1955: Dr. Adolf Schärf (1890-1965), bei seiner Ehrung 1955 noch Vizekanzler, nahm in dieser Funktion mit Julius Raab, Bruno Kreisky und Leopold Figl an den Staatsvertragsverhandlungen teil, bevor er 1957 zum Bundespräsidenten gewählt wurde.
- 1957: Michael Memelauer (1874-1961) war ein bedeutender Bischof der Diözese St. Pölten. Er gründete 1920 die Caritas St. Pölten, welche bis heute eine wichtige soziale Institution darstellt. Während seiner 34-jährigen Amtszeit führte Memelauer die Diözese durch eine der turbulentesten Zeiten des 20. Jahrhunderts.
- 1960: MR Dr. Wilhelm Steingötter (1886-1966) war von 1950 bis 1960 Bürgermeister von St. Pölten. Er trug zur erfolgreichen Umsetzung zahlreicher städtischer Projekte bei, war am Wiederaufbau der Stadt maßgeblich beteiligt. Er schlug schon 1951 St. Pölten als eigene Hauptstadt für Niederösterreich vor.
- 1969: Franz Jonas (1899-1974) war nicht nur als Bundespräsident bekannt, sondern auch als Verfechter für den sozialen Wohnbau und eine gerechtere Stadtentwicklung. Auch eine Volksschule der Stadt ist nach ihm benannt.
- 1974: Rudolf Singer (1907-1979) war von 1960 bis 1970 Bürgermeister der Stadt St. Pölten. In seiner Amtszeit wurden viele Projekte verwirklicht, unter anderem das Hallenbad errichtet und der Europaplatz neugestaltet. Außerdem wurde mit vielen Schulbauten der Stein für die Bildungsstadt St. Pölten gelegt.
- 1978: Dr. Bruno Kreisky (1911-1990) wurde 1956 als Nachfolger Oskar Helmers für Niederösterreich nominiert und im Wahlkreis St. Pölten zum Abgeordneten gewählt. 1966 wurde Kreisky Parteiobmann der SPÖ Niederösterreich. Als Bundeskanzler setzte er in den 1970er Jahren zahlreiche sozialpolitische Reformen um. In dieser Zeit war er unzählige Male in St. Pölten und hat mehrere Schulbauten unterstützt.
- 1978: DDr. Franz König (1905-2004) war Koadjutorbischof in St. Pölten. 1953 wurde auf Initiative von Franz König, damals Familienreferent der Österreichischen Bischofskonferenz, der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) gegründet. 1956 wurde er Erzbischof von Wien und leitete die Diözese fast drei Jahrzehnte.
- 1985: Hans Schickelgruber (1922-2003) war von 1970 bis 1985 Bürgermeister der Stadt St. Pölten. Als Bürgermeister trieb er die Entwicklung St. Pöltens zu einem wichtigen Zentrum voran und legte die Grundlage für die spätere Erhebung zur Landeshauptstadt. In seine Zeit als Bürgermeister fiel auch der Ausbau des Ratzersdorfer Sees als Naherholungsgebiet. Außerdem überstieg 1972 die Bevölkerungszahl zum ersten Mal die 50.000.
- 1992: HR Mag. Siegfried Ludwig (1926-2013) trug als Landeshauptmann von Niederösterreich maßgeblich dazu bei, dass St. Pölten 1986 zur Landeshauptstadt erhoben wurde – ein bedeutender Schritt in der Geschichte der Stadt.
- 1992: Ernst Höger (1945-2019) war 1986 bis 1999 Landeshauptmannstellvertreter. Mit seinem Konzept der Regionalförderung hatte er eine Königsidee entwickelt, die sehr entscheidend und beträchtlich dazu beigetragen hat, dass St. Pölten Landeshauptstadt werden konnte.
- 2001: KR Rudolf Leiner (1913-2008) baute das Familienunternehmen zu einem österreichweiten Möbelimperium aus und trug damit nicht nur zur wirtschaftlichen Entwicklung bei, sondern stärkte auch das Image St. Pöltens als industrieller Standort.
- 2004: Willi Gruber (1930-2012) war von 1985 bis 2004 Bürgermeister und führte St. Pölten mit großem Engagement und Weitblick. Er brachte St. Pölten auf den Weg zur heutigen Bedeutung als Landeshauptstadt, das Regierungsviertel sowie der Kulturbezirk wurden in seiner Amtszeit verwirklicht.
- 2016: Dr. Hugo Portisch (1927-2021) war ein engagierter Unterstützer der Landeshauptstadterhebung und prägte durch seine journalistische Arbeit das Bild St. Pöltens in der Öffentlichkeit. Als Autor bewies er seine Expertise in österreichischer Zeitgeschichte.
- 2018: Dr. Erwin Pröll (geb. 1946) hat als Landeshauptmann Niederösterreichs von 1992 bis 2017 und durch sein unermüdliches Engagement für St. Pölten maßgeblich dazu beigetragen, dass die Stadt heute dort steht, wo sie ist – eine lebendige, dynamische Landeshauptstadt. In seiner Amtszeit fand die Krankenhausübernahme statt, es wurden zahlreiche Brückenprojekte verwirklicht und vieles mehr.
Ein Abbild der Vegangenheit
„Die Geschichte zeigt uns, dass es bislang nur Männer waren, die diese Ehrung erhalten haben. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass sich dieser Umstand ändern wird – und dass künftig auch viele Frauen in die Reihen der Ehrenbürger:innen aufgenommen werden, die sich ebenso herausragend für unsere Stadt eingesetzt haben", so Bürgermeister Matthias Stadler bei seiner Ansprache.
Die Gestaltung der Tafel
Die Kombination zweier ebenso hochwertiger wie langlebiger Materialien – Glas und Edelstahl – soll die Würdenträger.innen lange Zeit ins Blickfeld der Rathausbesucher:innen rücken. Diese Materialien sind in der Ausstattung des Rathauses an vielen Stellen zu finden und fügen sich natürlich ins Ensemble ein.
Die Größe und Position der Tafel nehmen Bezug auf die Glasbrücke vor dem Aufzug. Die leichte und transparente Anmutung ist eine zeitgemäße, luftiglebendige Interpretation der oft üblichen Steinplatten. Die Transparenz und geradlinige Schrift erzählen von einem zeitgemäßen, offenen Blick auf die Geschichte.
Das St. Pöltner Wappentier spaziert dynamisch in die Tafel hinein und kontrastiert die klar umgrenzte Glasfläche.
Auf der Tafel ist ausreichend Freiraum für weitere 14 Ehrenbürger und hoffentlich bald Ehrenbürgerinnen ist vorgesehen.
Die Künstlerin Doris Zichtl
Die Tafel wurde von der St. Pöltner Künstlerin Doris Zichtl entworfen. Die Künstlerin hat Innenarchitektur und dreidimensionale Gestaltung an der New Design University St. Pölten studiert. Schon während ihres Studiums hat sie eine Ausstellungsgestaltung für das Stadtmuseum St. Pölten übernommen. 2004 hat Doris Zichtl gemeinsam mit Georg Bergner und Marcello Hrasko das Atelier „no-mad-designers" in St. Pölten gegründet. Sie ist seither vorwiegend im Bereich Ausstellungsdesign und Innenarchitektur selbstständig.