Flavio Zambotto hört Klänge besser als die meisten seiner Mitmenschen, er verfügt nämlich über ein absolutes Gehör. Von 1000 Personen besitzen etwa eine bis drei diese Fähigkeit, so die Schätzung führender Wissenschaftler, die im Bereich der Musikmedizin forschen. Zamobotto ist Mitarbeiter der Glockengießerei Grassmayr, die für die Produktion und Installierung des Glockenspiels im Rathausturm zuständig ist und in dessen Auftrag der Musiker aus Vicenza in Venetien nach St. Pölten angereist ist. Durch seine äußerst seltene Begabung, die Höhe eines beliebig gehörten Tons ohne Hilfsmittel exakt zu bestimmen, gelingt es Flavio Zambotte die 48 Glocken im Rathausturm perfekt aufeinander abzustimmen. „Meine Aufgabe ist immer wieder eine große Herausforderung, da ich für die finale Intonation verantwortlich bin. Auch wenn die Produktionsschritte meiner Kollegen bei der Firma Grassmayer wie immer perfekt durchgeführt wurden, können die Glocken nur in der richtigen Tonlage ertönen, wenn ich hier den letzten Feinschliff ausführe“, so Zambotto, der in Begleitung seiner Frau St. Pölten besucht.
Das Glockenspiel, auch Carillon genannt, im Rathaus besteht aus 48 Glocken sowie zukünftig weiteren drei Klangschalen und wurde von der Fa. Grassmayr in Innsbruck produziert. Mit dem Tonumfang von insgesamt fünf Oktaven, das entspricht zwei Drittel einer gesamten Klaviertastatur, kann nahezu jedes Lied gespielt werden. Die Glocken werden von elektromagnetischen Klöppeln angeschlagen und können entweder per App gesteuert oder über eine Klaviatur gespielt werden.
Der perfekte Klang für jede Melodie
Während oben im Rathausturm am perfekten Klang des Glockenspiels gefeilt wird, laufen unten in den Büros des Rathauses und in der Musikschule alle Vorbereitungen für die weitere Bespielung der Glocken. Lukas Schönsgibl, Direktor der Musikschule, etwa ist zuständig für die Auswahl und die tontechnische Aufnahme der Kompositionen und Arrangements, die täglich zu bestimmten Uhrzeiten über den Dächern der Landeshauptstadt erklingen sollen:
- 09:30 Uhr: Menuett „Kleine Serenade“ – J. Haydn
- 12:30 Uhr: Auszug – M.: Müller (19. Jhd.)
- 17:30 Uhr: Cavantine aus „Alphonso und Estrella“ – F. Schubert
Eine Ausnahme gilt in der Weihnachtszeit, und zwar werden bis zum 26.12.2022 um 17:30 anstatt der Cavatine unterschiedliche Weihnachtslieder wie Jingle Bells, Süßer die Glocken nie klingen, O Tannenbaum, Stille Nacht u.v.m. abgespielt.
Im Bürgerservice arbeitet das Team mit Leiter Martin Koutny an einer weiteren Idee, die in Kooperation mit dem Uni-Klinikum umgesetzt wird: Mit dem Ertönen der Glocken soll künftig die Geburt eines jeden in St. Pölten zur Welt gekommenen Kindes, kundgetan werden, bei Zwillingen soll die „Willkommensmelodie“ zweimal bespielt werden. Das erste Mal soll dies beim Neujahrsbaby 2023 erfolgen.
Weitere Melodien für 2023
All diese Musikstücke wurden von Mag. Johann Simon Kreuzpointner, studierter Komponist und Organist sowie Lehrbeauftragter am Konservatorium für Kirchenmusik in St. Pölten, im Auftrag der Kulturabteilung bearbeitet und speziell auf das Glockenspiel abgestimmt. Der Leiter der Abteilung für Kultur und Bildung, Alfred Kellner und Johann Simon Kreuzpointner planen bereits die Transkription weiterer Musikstücke für das Glockenspiel: So soll zum Jahreswechsel der Walzer „An der schönen blauen Donau“ erklingen! Für 2023 soll ein Zyklus mit besonderen Schwerpunkten entstehen.
Großer Dank geht an Sponsoren
Finanziert wurden die 48 Glocken und drei Klangschalen durch Sponsoren, organisiert vom Generalsekretär der Plattform St. Pölten, DI Matthias Weiländer. Die Plattform St. Pölten hat das Glockenspiel der Stadt gestiftet. Die Firmen und auch Private haben die Glocken käuflich erworben und sich somit mit ihrem Logo auf ihrer eigenen Glocke im Turm des Rathauses verewigt. Als Dank für diese Unterstützung möchte die Stadt eine weiter Glocke mit dem Logo aller Sponsoren produzieren lassen und diese im Rathaus ausstellen. Eine Liste aller beteiligten Unterstützer des Glockenspiels finden Sie hier.