In der Zentrale von Rittner TAXI 208 herrscht trotz Hochbetriebs ein herzliches Klima. Die Fahrer:innen sind schon längst alle unterwegs. Geschäftsführer Joe Rittner nimmt sich trotzdem die Zeit, um mit uns einige nachhaltige Erkenntnisse zu teilen. Mit über 30 verschiedenen Fahrzeugen und mehr als 40 Mitarbeiter:innen ist der findige Unternehmer schließlich immer proaktiv auf der Suche nach Lösungen und Optimierungen.
Keine Universal-Lösungen bei Antrieben und Kraftstoffen
„Wenn du ein Auto anschaffst, musst du zwei Dinge beachten“, nimmt uns der – im wahrsten Sinne sehr erfahrene – Techniker und Taxi-Boss sofort mit auf Gedankenreise, „erstens, wofür brauche ich es? Um einmal im Jahr auf Urlaub zu fahren? Dann ist es wie bei Skiern: Leih es dir einfach aus und genieße dafür jedes Mal das allerneueste Modell. Und zweitens: Welcher Antrieb passt zu meiner Situation? Denn es gibt nicht DIE eine Lösung.“
In seinem Fall soll ein Auto grundsätzlich geplant schon mal um die 500.000 Kilometer fahren. Darum ist es für Joe Rittner selbstverständlich, sich laufend über neue Antriebsformen und Kraftstoffe zu informieren. Innovativen Optimierungen steht er stets offen gegenüber. „Das liegt in der Familie“, gibt er zu.
St. Pöltner Pioniere in Fahrt
Als sein Großvater Leopold Rittner die St. Pöltner Firma 1967 gründet, ist die Flotte die erste der Stadt mit Funk. Die zweite Generation übernimmt 1982: Vater Josef erweitert den Fuhrpark, beschließt die bis heute laufende Kooperation mit dem Club81 für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung, und implementiert Shuttleservices fürs Nachtleben. „Mein Herr Papa hat eben auch gerne alles, was irgendwie neu war, ausprobiert. Wir waren immer schon auf vielen Ebenen die Pioniere“, erinnert sich Joe, der das Unternehmen 2002 übernimmt und damit die 3. Generation einläutet.
Eine schnelle Entscheidung – und dabei die richtige
„Aufgrund gesundheitlicher Probleme meines Vaters musste ich – damals als KFZ-Technikmeister bei BMW tätig – diese Entscheidung sehr schnell treffen. Geplant hatte ich das eigentlich überhaupt nicht. Aber bis heute bereue ich es nicht. Es ist eine schöne und spannende Branche.“
Die Freude an Innovation begleitet ab 2002 dann auch den neuen jungen Geschäftsführer vom Start weg: Etwa, was die erfolgreiche Einführung eines digitalen und somit effizienteren Funks angeht. „Wobei es schade ist, dass das ständige ‚Quasseln‘ unter den Fahrer:innen damit quasi abgestellt war“, wirft Joe Rittner hier mit ein wenig Bedauern ein. „Dieser laufende Kontakt untereinander war etwas, das ich besonders gemocht habe, denn so hat jede:r jede:n gekannt.“
Damals wie heute – lieber persönlich
Das Persönliche nicht zu verlieren, darauf schaut der Chef aber so gut wie möglich trotzdem. Ob untereinander oder vor allem auch, was die Kundschaft angeht. Viele Stammkund:innen sind schon älter, leben häufig alleine und freuen sich natürlich über eine nette Plauderei während der Fahrt. „Ich habe Mitarbeiter:innen im Betrieb“, sagt Joe stolz, „die schon hier gearbeitet haben, als ich noch gar nicht in die Leitung eingestiegen war. Sie unterstützen neue bzw. junge Mitarbeiter:innen ganz selbstverständlich dabei, was eine:n gute:n Taxifahrer:in ausmacht. Ein solches Team ist unbezahlbar.“
Experimente für Antriebsarten und Kraftstoffe
Neben der Digitalisierung sind aber vor allem innovative Antriebe und Kraftstoffe von großem Interesse für ihn: Die Pionierrolle hat Rittner hier einmal mehr inne. Neben der Anschaffung von Elektro-, Erdgas- und Hybridautos („alle haben ihre Vor- und Nachteile!“) setzt er mittlerweile bei seinen 25 Diesel-Fahrzeugen auf den neuartigen synthetischen Diesel HVO 100.
„Der Weg dorthin war, dass wir aufgrund der primären Stadtrunden natürlich häufig Probleme mit dem Partikelfilter hatten“, holt Joe Rittner aus, „und so haben wir auf den ausschließlich ‚besseren‘ Diesel gesetzt. Das Ergebnis: Die Motoren waren sauber, und die Partikelfilter-Sorgen waren zu 90% gegessen.“ Ausprobierfreudig, wie er ist, ging es dann einen Schritt weiter: „Mein Gedanke war: Wenn ich mein Auto nicht umrüsten oder austauschen muss, sondern bloß was anderes einfüllen, damit es besser läuft – dann gibt es vielleicht etwas noch Optimaleres und auch Nachhaltigeres. Die EnergieDirect hat mich dann auf GTL gebracht, synthetischen Diesel aus Erdgas. Das ist dann rund eineinhalb Jahre so gelaufen, dass es die Filterprobleme überhaupt nicht mehr gab. Und bei längeren Fuhren konnten wir zwischendurch auch normalen Diesel tanken. Dieses System funktionierte gut für uns.“
HVO 100: geruchlos, sauber, palmölfrei
Die bekannten Probleme mit Erdgas führten 2022 zu einer weiteren Wende: „Die EnergieDirect hat mir den hochwertigen synthetischen Kraftstoff HVO 100 schmackhaft gemacht – dieser wird in Deutschland aus Biomüll hergestellt. Er ist nachweislich und tatsächlich CO2-neutral. Als erste in St. Pölten haben wir natürlich auch das ausprobiert."
Sein heutiges Fazit? „Es gibt nichts, das daran auszusetzen wäre.“ Preislich kommt HVO 100 auf die Kosten von Premium-Diesel, trotzdem rechnet es sich in jeder Hinsicht: „Ja, ich zahle mehr für den Kraftstoff – dafür verbrauchen unsere Autos ein bisschen weniger, die Motoren sind blitzsauber und die laufenden Wartungskosten der Fahrzeuge beschränken sich mittlerweile auf ein Minimum.“
Wann immer möglich: CO2-neutral unterwegs
Von den erwähnten 25 (HVO 100-„fähigen“) Diesel-Autos sind 14 VW-Busse, die für kleine Stammrunden wie Schüler:innen-Transporte genutzt werden und darum ausschließlich mit HVO 100 betankt werden können. Die anderen Taxis, die ja auch mal viel weitere Routen fahren müssen, tanken abseits von St. Pölten zwischendurch Premium-Diesel. „Wenn ich eine Kundschaft z.B. nach Linz bringe, ist es mir dort anders ja nicht möglich“, erklärt Joe.
Eine gute Energiebilanz steht unterm Strich aber allemal. „Unser RittnerTAXI 208-Fuhrpark kommt auf etwa 1,2 Millionen Kilometer pro Jahr“, resümiert Joe Rittner, „da zahlt sich die primäre Verwendung vom synthetischen Kraftstoff aus Biomüll also auf jeden Fall mehr als aus.“
Zukunftsvisionen
Was er sich aufgrund seiner positiven Kraftstoff-Experimente im Rahmen seiner Traditionsflotte wünschen würde? „Dass der öffentliche Verkehr, soweit möglich, ebenfalls auf HVO 100 setzen würde.“ Dies könne sich nur positiv auf die Umwelt auswirken: CO2-neutraler Kraftstoff, der aus Bio-Abfällen erzeugt wird, wie auch die längere Lebenszeit der Fahrzeuge, sind hier schlüssige Argumente.
„Aber vielleicht“, denkt Joe Rittner laut nach, während er uns zur Tür hinausbegleitet, „ist es ja auch zu einfach. Gerade, wenn es eben keinen Haken gibt und nicht irgendwo jemand mitschneidet, setzen sich viele Dinge, die eigentlich total positiv wären, leider oft nicht durch.“
Event-Tipp für alle stp*Plattform-Mitglieder sowie gerne auch weitere interessierte Unternehmer:innen: Am 27. Februar 2024 findet an der FH St. Pölten das Meet & Greet der Fernwärme St. Pölten & der Fokusgruppe Stabsstelle Klimakoordination (KlimaK) statt.