St. Pölten ist für seine Neugier und Experimentierfreudigkeit bekannt. Vor allem die Mitarbeiter:innen der Stadtgärtnerei haben schon mit einigen Innovationen von sich reden gemacht. So ist es auch bei der Bepflanzung des neu gestalteten Promenadenrings. Hier kommt bei den Bäumen nämlich Hightech zum Einsatz: „Drain Garden“ und „Schwammstadtprinzip“. „Wir haben zwei unterschiedliche Systeme, die wir im ersten Abschnitt des Promenadenrings in einem Real-Life-Labor austesten wollen. Die Ergebnisse werten wir aus und jenes System, das sich besser eignet, kommt beim Rest des Promenadenrings zur Anwendung“, erklärt Stadtgärtner Robert Wotapek. Der große Unterschied zwischen den beiden Systemen liegt vor allem in der Zusammensetzung des Substrats. Während bei „Drain Garden“ eine bewährte patentierte Mischung verwendet wird, setzt die Schwammstadt neben vieler unterschiedlicher Schichten auch auf mehr Technik. Was beide Systeme gemein haben, ist eine optimale Versickerung des Regenwassers und auch dessen Speicherung. „Ziel ist es, das Wasser nicht gleich im Kanal verschwinden zu lassen, sondern möglichst lange im System zu halten und somit auch die Kläranlage zu entlasten. Die Bäume zehren in heißen und trockenen Tagen daraus“, ist Wotapek begeistert vom neuen System. Obendrein wurde auch eine eigene St. Pöltner Klappentechnik entwickelt, um den Eintrag von Wasser mit erhöhter Salzkonzentration während der Wintermonate zu verhindern. „In anderen Städten werden Schieber elektrisch geregelt. Das führte oftmals zu Problemen. Wir haben händisch bedienbare Klappen bei den Sickerschächten entwickelt“, berichtet Wotapek stolz.
St. Pöltner Projekt zieht Aufmerksamkeit auf sich
Der große Aufwand wird sich bald bezahlt machen. In den nächsten Jahren sollen daraus große gesunde Bäume hervorwachsen, die mit einer dichten Baumkrone für eine optimale natürliche Beschattung und Kühlung in den Sommermonaten sorgen. In 25 Jahren soll die Beschattung des Promendenrings bei rund 50 Prozent liegen, das entspricht einer Verzehnfachung zum aktuellen Wert. Als bevorzugte Baumart stellte sich der japanische Schnurbaum (Styphnolobium japonicum) heraus. Die Stadtgärtner:innen attestieren dem Baum besondere Hitze- und Trockenresistenz sowie schnelles Wachstum und eine großflächige Baumkrone.
Insgesamt sollen neben den knapp 200 Bäumen auch Blumen und Sträucher sprießen. „Mensch, Tier und Pflanze werden sich am neuen Promenadenring sichtlich wohlfühlen“, erklärt Wotapek das Ziel der städtischen Bemühungen. Vom St. Pöltner Projekt schwärmt auch Karl Grimm, Landschaftsarchitekt, Ziviltechniker und einer der renommiertesten Experten zum Thema Schwammstadt und Kenner der Projekte in Österreich: „St. Pölten realisiert mit dem Promenadenring das aktuell größte Schwammstadtprojekt in einer österreichischen Altstadt und ist damit Vorreiter für zukunfts- und klimafitte Straßenräume."
Infos zum Schnurbaum
Der Schnurbaum hat viele Vorzüge: Er ist nicht nur formschön, sondern auch bei den Insekten sehr beliebt. Auch die Imker haben ihre Freude, denn die Blüte erscheint erst spät im Jahr und bietet Bienen, Hummeln und anderen Insekten viel Nektar in der Blütezeit von Juli bis August. Der Schnurbaum eignet sich besonders als Stadtbaum, weil er tolerant gegenüber Hitze und Trockenheit ist und auch Abgase gut verkraftet.