Seit Frühjahr 2022 läuft die Landesbaustelle zur Neugestaltung des Europaplatzes. „Die Stadt sorgt dabei für die entsprechenden Nebenflächen, die dem nichtmotorisierten Verkehr mehr Platz geben und die Aufenthaltsqualität dort steigern sollen“, hält Bürgermeister Matthias Stadler fest. Die Baumaßnahmen sollen bis 2023 fertiggestellt werden.
Mit Beginn des umfassenden Beteiligungsprozesses zur Neugestaltung des Promenadenrings im November 2020, welcher auch die Freiflächen des Europaplatzes inkludierte, wurde eines sehr rasch deutlich: die Trauer über den Verlust des Springbrunnens in der Mitte des alten Europaplatzes ist groß. Durch die Neugestaltung dieses wichtigen Verkehrsknotenpunktes durch das Land musste der Brunnen und damit ein prägnantes Landmark vor den Eingangstoren der Innenstadt weichen. „Wir nehmen die Rückmeldungen aus der Bevölkerung dazu ernst und wollen auch entsprechend darauf reagieren“, erklärt der Bürgermeister. Durch die neue Verteilung der Verkehrsflächen der Kreuzung entstehen auch neue Grünflächen, welche in ihrer Dimensionierung größer sind als jene zuvor. So bleibt auch genug Platz für ein neues Kunstwerk, das, in Anlehnung an den ehemaligen Brunnen, ebenfalls Wasser inkludieren wird.
Wasser als zentraler Bestandteil
Um der hochrangigen Situierung dieses neuen Kunstwerkes, an einem der meistfrequentierten Orte der Stadt, gerecht zu werden, entschloss sich die Stadt dazu, in Kooperation mit dem Land Niederösterreich, einen Wettbewerb abzuwickeln. „Stadt und Land haben sich für 2024 und darüber hinaus in vielen Bereichen große Ziele gesetzt. Mit Engagement arbeiten wir gemeinsam daran, St. Pölten durch zahlreiche Projekte noch attraktiver und lebenswerter zu machen“, betont Landeshauptfrau Mag. Johanna Mikl-Leitner. Das Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung für Kunst im öffentlichen Raum, wählte gemeinsam mit ihrem Gutachtergremium und der Stadt vier KünstlerInnen aufgrund ihrer Erfahrungen mit der Gestaltung von Kunstwerken im Kontext zum öffentlichen Raum aus.
Die Nutzung von Wasser bildete den zentralen Punkt der Aufgabenstellung. Gleichzeitig galt es allerdings, den Zugang zu diesem Element neu zu interpretieren und nicht den Brunnen, wie er vor Jahrzehnten entwickelt wurde, zu kopieren. Denn während sich die Stadt immer weiterentwickelt, und so auch für den Europaplatz eine neue Phase beginnt, gilt es auch die künstlerische Gestaltung zu modernisieren und an die neue Raumsituation anzupassen.
Das neue Kunstwerk soll in seiner Erscheinung einen Gegenpol zu der angrenzenden Verkehrsfläche bilden. „Das Thema Wasser ist nicht nur aufgrund des Bezuges zum ehemaligen Brunnen von Bedeutung, sondern spiegelt auch einen Zusammenhang zum Thema Klima wider“, steht es in den Auslobungsunterlagen zum Wettbewerb geschrieben. So soll das Kunstwerk auf der Grünfläche auch eine Abkühlung für kreuzende FußgängerInnen und RadfahrerInnen ermöglichen.
Angedacht ist die Positionierung des neuen Kunstwerkes neben dem bestehenden Jakob Prandtauer-Denkmal. (Illustration: Breathe Earth Collective)
Windfänger gewinnt
Seit Frühling 2022 arbeiteten die KünstlerInnen intensiv an Entwurfsvorschlägen für die neue künstlerische Gestaltung des Europaplatzes. Kürzlich wurde das Projekt von „Breathe Earth Collective“ – der Windfänger – als Gewinnerentwurf mit klarer Mehrheit gekürt. Die großflächige Brunnenskulptur in Form einer oben geöffneten Rotunde hat einen Durchmesser von 13 Metern und etwa vier Metern Höhe. Sie bietet durch ihre bauliche Struktur einerseits einen Rückzugs- und Aufenthaltsort an dieser dichtbefahrenen Verkehrskreuzung, andererseits ist das Objekt so konzipiert, dass seine besondere Ziegelstruktur einen luft- und lichtdurchlässigen Raum erzeugt. Durch ein Bewässerungssystem können die Ziegel heiße durchströmende Luft aus der Umgebung abkühlen, zugleich werden Verkehrslärm und Feinstaub reduziert.
Die über drei Torbögen zu betretende Rotunde lädt so barrierefrei und niederschwellig inmitten urbaner Dichte zum Verweilen ein und bietet die Möglichkeit, im kühlen und sauberen Mikroklima zu entspannen und sich an der dort über die Zeit einziehenden Flora und Fauna zu erfreuen. Die GestalterInnen wollen hier einen Raum der Vielfalt schaffen - für Natur und Gesellschaft: „Die kreisförmige Brunnenarchitektur spendet Wasser in drei Hauptbereichen, während zwischen diesen Bereichen auf den Bögen trockene Nistplätze Insekten, Vögel und Bienen zum Einzug einladen. Der Brunnen ist eine Hommage an die biologische Vielfalt und wird zum Lebensraum für Menschen und nicht-menschliche Akteure.“, so Bernhard König, Mitglied von Breathe Earth Collective.
„Das Projekt hat auf unterschiedlichen Ebenen überzeugt: Der Bezug zur Stadt durch die Wahl des Materials, das Verständnis von Kunst als begeh- und nutzbarer Raum, das Zusammenspiel zwischen Wasser und Luft, um ein spürbares Erlebnis zu schaffen.“, berichtet Bürgermeister Mag. Matthias Stadler. Landeshauptfrau Mag. Mikl-Leitner stimmt zu: „Das Gewinnerprojekt des Breathe Earth Collective zeigt, wie man altes und aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten stammendes Wissen für die Zukunft kreativ nutzen und innovativ weiterentwickeln kann. Der Windfänger bringt in Zukunft mehr Aufenthaltsqualität und Entschleunigung an den bisher stark von Verkehr geprägten Europaplatz.“
Die Umsetzung des Kunstwerkes erfolgt unter Ko-Finanzierung des Landes Niederösterreich und ist im Kulturhauptstadt-Jahr Tangente 2024 geplant.