Menschen formen Orte; durch ihre Schaffenskraft, ihr Engagement, ihre Dienstleistung, ihre Ideen, auch durch ihren Besitz: Die Immobilien von Hausbesitzern sind physische Substanz der Stadt. Die Angebote von Unternehmern schaffen Lebensqualität und Arbeitsplätze. Beider Engagement wirkt sich auf die Struktur und die Qualität des Zusammenlebens in der Kommune aus.
Im Porträt: Brigitte Reibenwein
Als umtriebige und charmante Geschäftsfrau ist Brigitte Reibenwein aus St. Pölten nicht wegzudenken. Geboren und aufgewachsen ist sie allerdings in Bayern, in der Nähe von Regensburg. In Straubing hat Ende der 1960er-Jahren Leopold Reibenwein volontiert und die junge Brigitte kennengelernt. 1969 ist sie als seine Gattin nach St. Pölten gekommen und seither eines der Gesichter des Traditionsunternehmens Parzer & Reibenwein.
Brigitte Reibenwein, was macht Ihnen Freude an Ihrem Beruf? Sie sind Jahrgang 1946, sind noch immer äußerst aktiv im Geschäftsleben, stehen bei vielen Caterings von Reibenwein hinterm Buffet, sind sehr oft in Ihrem Büro anzutreffen.
Mir macht die Vielfalt Spaß. Man kann auch aus nichts Wunderbares machen, wenn man die Fantasie einsetzt, zum Beispiel beim Catering. Mein Beruf ist so vielseitig. Allerdings: Wenn du keine Liebe zum Geschäft hast, bist du verloren. Und die habe ich noch. Außerdem: In Pension gehen, das kann ich den Jungen nicht antun.
Warum?
Wir kämpfen auch mit zu wenigen Mitarbeitern. Früher haben wir alle 40 Stunden gearbeitet, ich hab nebenbei noch zwei Kinder bekommen. Den Robert hab' ich zuhause entbunden, den Günter am Wochenanfang in Wien, am Samstag bin ich wieder im Geschäft gestanden. Jetzt wollen die meisten nur mehr 15 Stunden arbeiten.
Wie war die Branche, wie war Ihr Betrieb, als Sie nach St. Pölten gekommen sind? Was hat sich in den vergangenen fast 55 Jahren verändert?
Ich war ursprünglich in der Textilbranche, habe dann die Fleischerei zusätzlich gelernt. Der Familienbetrieb Parzer & Reibenwein betreibt seit vier Generationen einen Fleischerei- und Selchwarenbetrieb. Vor 50 Jahren kamen Catering und Wildhandel hinzu. Wir hatten sieben Filialen in St. Pölten. Die haben wir alle verkauft, als St. Pölten Landeshauptstadt geworden ist — die Leute haben sich mit den Supermärkten das Wurstessen abgewöhnt. Ab 1975 hatten wir am Riemerplatz das Palais-Restaurant. Da haben wir täglich 300 bis 400 Mittagessen serviert. Das Restaurant haben wir im Jahr 2000 geschlossen.
Viele Promis waren da auch zu Gast, wie das Gästebuch beweist. Etwa der Bruder von Papst Benedikt.
Wir stammen aus der selben Gegend in Bayern, mein Vater war dort Förster. Wir waren auch aktiv dabei beim Besuch des Papstes in St. Pölten. Die Räumlichkeiten des Palais vermieten wir jetzt für Feste und Veranstaltungen.
Feste und Veranstaltungen sind Ihre Spezialität — mit Catering in allen Variationen.
Ja, und unsere regionalen, frisch gekochten Speisen gibt es auch bei uns am Rossmarkt im Proviantglas’l.
Den Wildhandel gibt es aber schon noch?
Ja, den haben wir 1976 von der Firma Artner übernommen. Wir sind alle Jäger, auch meine Enkelkinder.
Was wünschen Sie sich für St. Pölten, wie soll sich die Stadt entwickeln?
St. Pölten hat sich enorm entwickelt. Damals, als ich gekommen bin, waren Felder bei der Einfahrt. Jetzt sind alle Geschäfte da. Obwohl, ich wünsch' mir ein exklusiveres Angebot, weniger Ramsch in den Geschäften.