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Tanzen statt Grenzen

Ein elektronisch-akustisches Experiment aus St. Pölten - live und auf CD.
Foto: Tronicello
www.tronicello.at - Foto: Tronicello

Mit Schaudern gedenken wir an dieser Stelle auch all der, mal mehr mal weniger, glorreich gescheiterten Versuche Klassik mit Jazz, Rock oder Elektronik zu - sagen wir - versöhnen. Im Allgemeinen gilt daher: Ohren weg(!) von diesen zwar wohlmeinenden aber unheilträchtigen Experimenten.

Umso erfreulicher, wenn dann zwei sympathische Herren daherkommen (und das nur scheinbar aus ganz verschiedenen Himmelsrichtungen), die sich um das musikalische Vorher dieser Zwangsehen gar nicht bekümmern. Matthias Lackenberger (Electronics) und Taner Türker (Violoncello) haben im Jahr 2015 am St. Pöltener Viehofener See eine CD mit sieben Stücken aufgenommen. Zwei Eigenkompositionen, die auf türkischen Volksliedern basieren, und fünf klassischen Stücken (zweimal Bach, zweimal Gabrielli, einmal Vivaldi).
Aber auf diesem Tonträger wird nicht das Lied der Unterscheidung, sondern das der Metamorphose und der Leichtigkeit gesungen.
Mit Klicken, Klackern und Scheppern verführt die Elektronik das Cello in ein strenges Metrum und verhindert so sein naturgemäßes Abschweifen in musikalisch ausformulierte Gedankenwelten. Der perkussiv-elektronische Rhythmus verleiht den klassischen Strukturen statt dessen eine tanzlustige Körperlichkeit. Es ist dies ein lustvoller Gewinn, die unbezwingliche mathematische Schönheit der barocken Musik so ganz fleischlich-irdisch genießen zu können. Im Übrigen benötigt es hier nur kleine (Tanz-)Schritte hin zum Ambient, Trip-Hop oder dergleichen.
So richtig geht die Post ab dem Track 4 (Baklava) ab. Wer sich jetzt noch sinnierend über Dichotomien ergeht statt mitzutanzen, ist schließlich selber schuld. Gleich darauf folgt wieder Bach mit präludiösem Techno-Geschramme und dann wahrlich gemütlichem, orientalisch inspiriertem, Fatalismus. So, und so weiter, geht das also hier zu.
Ausdrücklich gelobt sei Chris Scheidl für die räumlich ausgewogenen Aufbereitung der Musik unter Live-Bedingungen.
Fazit: Empfohlen sei Tronicello als Tanzmusik für den gehobenen Anspruch, und als musikalische Unterstützung für inspirierte Gespräche über die Obsoleszenz von künstlichen Grenzen jeglicher Art.

Das experimentierfreudige Duo Tronicello ist live am 10. Mai um 18 Uhr in der Landesbibliothek (im Rahmen einer Lesung mit Katharina Bendixen), und am 11. Mai um 19 Uhr in der Kunst- und Musikschule zu erleben.
Anlass genug für ein paar Betrachtungen zu diesem bemerkenswerten musikalischen Projekt.

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