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Vom Gotteshaus zum Kulturzentrum

Es war ein beeindruckender Festakt mit emotionalen Reden von Nachfahren jüdischer Familien, die die Novemberpogrome 1938 in St. Pölten erlebt hatten. Die Ehemalige Synagoge St. Pölten wurde nach Renovierung und Adaptierung als modernes und barrierefrei zugängliches Zentrum für Ausstellungen, Geschichtsvermittlung und Kulturveranstaltungen wiedereröffnet.

Außenaufnahme der Ehem. Synagoge
Die Wiedereröffnung der Ehemaligen Synagoge ist Teil der vielfältigen Maßnahmen und Aktivitäten von Kultur St. Pölten 2024. (Foto: Arman Kalteis)
Außenaufnahme der Ehem. Synagoge
Es wurden viele emotionale Reden gehalten, besonders von den Nachfahren jüdischer Familien, die in St. Pölten die Novemberpogrome 1938 erlebten. (v.l.) Oberrabbiner Jaron Engelmayer, Kantor Paul Heller (Nachkomme der jüdischen Familien Glaser und Heller), Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien Oskar Deutsch, die wissenschaftliche Leiterin der Ehemaligen Synagoge Martha Keil, Cellistin Monica Scott (Urenkelin des Architekten der Synagoge Theodor Schreier), die Leiterin des Beethoven Frühling Kammerorchesters Dorothy Khadem-Missagh, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Bürgermeister Matthias Stadler, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Innenminister Gerhard Karner, Botschafter Israels David Roet und Moderator Johannes Kaup.
Außenaufnahme der Ehem. Synagoge
Kantor Paul Heller mit Cellistin Monica Scott. Foto: Josef Vorlaufer
Außenaufnahme der Ehem. Synagoge
Großer Andrang, mit den wichtigsten Persönlichkeiten aus der Politik, der Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Die Publikumsplätze waren bis zum letzten Sitz besetzt. (Foto: Josef Vorlaufer)
Außenaufnahme der Ehem. Synagoge
Zum Abschluss brachte das Beethoven Frühling Kammerorchester unter der Leitung von Dorothy Khadem-Missagh eine atemberaubende Aufführug mit einem Stück von Gustav Mahler zu Gehör. (Foto: Josef Vorlaufer)

Am Abend des 18. April wurde im Beisein von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Bundesminister Gerhard Karner, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bürgermeister Matthias Stadler das Haus feierlich wiedereröffnet. Nach der Eröffnungsrede von Martha Keil, der wissenschaftlichen Leiterin der Ehemaligen Synagoge, sind auch Oberrabbiner Jaron Engelmayer und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien Oskar Deutsch zu Wort gekommen.

Die musikalische Umrahmung der Eröffnungsfeier leitete mit dem Gebet „Mah Tovu“ gesungen von Kantor Paul Heller (Nachkomme der jüdischen Familien Glaser und Heller) ein. Das Intermezzo wurde von der Cellistin Monica Scott (Urenkelin des Architekten der Synagoge Theodor Schreier) mit der Eigenkomposition „17 Generations“ gestaltet. Zum Abschluss hat das Beethoven Frühling Kammerorchester unter der Leitung von Dorothy Khadem-Missagh ein Stück von Gustav Mahler zu Gehör gebracht.

Aufwendige Renovierung

Die Ehemalige Synagoge wurde zwei Jahre lang aufwendig renoviert und zu einem Kulturzentrum umgebaut. Durch einen gemeinsamen Kraftakt des Nationalfonds, des Landes Niederösterreich und der Stadt St. Pölten wurden 4,6 Millionen Euro in die Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten investiert. 1913 wurde das Gebäude duruch die Israelitische Kultus Gemeinde erbaut, der größte Teil der Errichtungskosten wurde damals durch private Spenden finanziert. Bei den Novemberprogrommen 1938 wurde die Synagoge schwer beschädigt. In den achtziger Jahren wurde die St. Pöltener Synagoge erstmalig wieder renoviert, damals auch schon durch die öffentliche Hand mit Mitteln vom Bund, dem Land NÖ und der Stadt St. Pölten. Dadurch konnte das dem Verfall ausgesetze Gebäude gerettet werden und wurde nicht wie in vielen anderen Stästen, wie etwa in Krems, abgerissen.

Ewiges Gedenken, niemals vergessen

„Mit der Neugestaltung und der Wiederöffnung der Ehemaligen Synagoge ist unser Versprechen verknüpft, dass wir in Niederösterreich niemals vergessen werden, was hier und an anderen Orten geschehen ist. Das Versprechen, dass der Kampf gegen Antisemitismus als Staatsräson nicht verhandelbar ist. Die Ehemalige Synagoge wird zu einem zentralen Ort des Erinnerns und des Lernens in unserem Land“, begründet Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die Bedeutung des Hauses. „Gleichzeitig entsteht hier ein Begegnungs- und Kulturort, an dem wir das jüdische Leben und ihren Beitrag zur Kultur und zum intellektuellen Diskurs in unserem Land feiern, zum Beispiel durch die Jewish Weekends. Damit setzen wir nicht nur Schritte, um die Geschichte zu bewahren, sondern auch, um eine Kultur des Verstehens, des Respekts und des Miteinanders zu fördern.“

Die ehemalige Synagoge von St. Pölten ist ein besonderes Bauwerk, das jüdisches Leben in Österreich vor dem Nationalsozialismus symbolisiert. Es ist unsere historische Verantwortung, die Erinnerung an das dunkelste Kapitel der Geschichte Österreichs wachzuhalten und jüdisches Leben sichtbar zu machen. Denn Antisemitismus ist nicht nur eine Bedrohung für die jüdische Gemeinde, sondern für unsere gesamte Demokratie“, so Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zur Unterstützung durch den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus.

Doppelte Bedeutung der Ehem. Synagoge

„Wir dürfen niemals vergessen, dass unsere Ehemalige Synagoge eine doppelte Funktion in der Wahrnehmung unserer jüdischen Geschichte einnimmt – zum einen berichtet sie noch heute von der aufstrebenden jüdischen Gemeinde zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die mit der Eröffnung ihres neu erbauten Gotteshauses im Jahre 1913 einen glanzvollen Höhepunkt erlebte! Zum anderen legt sie aber auch Zeugnis ab, über die Vernichtung dieser Gemeinde, über die finsterste Zeit unserer Geschichte, die nur 25 Jahre nach ihrer Fertigstellung des Synagogenbaus begann und die dazu führte, dass wir heute von einer Ehemaligen Synagoge sprechen müssen. Mit dem 1988 im ehemaligen Kantorhaus etablierten „Institut für jüdische Geschichte Österreichs“ wurde die Ehemalige Synagoge zu einem Zentrum der historischen Forschung, aber auch der Information und des Austausches. 2024 tritt dieses – für unsere Stadt besondere Gebäude – in eine neue Phase seiner Geschichte ein! Die Renovierung und Erweiterung, aber auch das neue inhaltliche Konzept werden der Bedeutung dieses Bauwerks als barrierefreies Veranstaltungszentrum und Ort des Zusammenkommens gerecht und leiten es in die Zukunft“, hält Bürgermeister Matthias Stadler fest.

„Die Wiedereröffnung der Ehemaligen Synagoge ist aus drei Gründen bedeutsam: Ihr materielles Fundament, das Gebäude, wird geschützt und dauerhaft erhalten. Damit wird aber auch die Geschichte ihrer vernichteten jüdischen Gemeinde vor dem Vergessen bewahrt. Und schließlich wird eine Kulturstätte geschaffen, die Menschen, gleich welcher Herkunft und Religion, einlädt, einander auf vielfältige Weise zu begegnen und kennenzulernen“, fasst Martha Keil, wissenschaftliche Leiterin der Ehemaligen Synagoge St. Pölten zusammen.

„Diese Synagoge war das religiöse und kulturelle Zentrum der Juden und Jüdinnen in St. Pölten und dem Umland. Die Nationalsozialisten haben zuerst die Synagoge zerstört und dann die Menschen vertrieben und ermordet. Mit der Nutzung als Kulturzentrum und Ort des Gedenkens wird die St. Pöltner Synagoge zu einem Zeitzeugen“, erklärt Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, die Bestandgeber des Gebäudes ist. „Möge die Erinnerung an die Familien, die hier gebetet haben, ewig währen.“

 Innen wie außen ein architektonisches Juwel.
Mit der Renovierung der Ehemaligen Synagoge erhält das Bauwerk einen Lichtstrahl, der das Gebäude durchdringt.
Der Strahl stellt symbolisch einen störenden Faktor dar, wie eine Narbe soll der Strahl an die schmerzliche Geschichte
der jüdischen Gemeinde erinnern. (Foto: Arman Kalteis)

Die meisterhafte Stadt 

Wo Meister/innen aufblühen, tun das auch Master – und umgekehrt. Gezielt entwickelt der Masterplan stp*25|50 das industrielle und gewerbliche Erbe der Stadt zur „Wohlfühlzone“ für Fachkräfte. (mehr dazu)
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